Die Geschichte der heiligen Agatha
Warst Du schon einmal in Italien? Das ist das Land südlich der Alpen, das wie ein Stiefel aussieht. Vor der Stiefelspitze liegt eine große Insel, Sizilien. Viele Völker lebten schon auf dieser Insel, weil sie sehr sonnig ist, und man mit dem Schiff gut andere Länder, auch das gar nicht so weit entfernte Afrika, erreichen kann. Im Osten der Insel liegt direkt am Meer die große Stadt Catania.
Ganz in der Nähe ragt ein hoher Berg aus der ebenen Küste heraus, ein Vulkan. Es ist der Ätna. Bis heute ist er tätig und speit Feuer und Wolken. Oft strömt Lava nach einem Ausbruch den Berg hinunter und bedroht die Stadt. Manchmal bebt auch die Erde und zerstört Häuser und Dörfer.
Das war auch so, als Agatha lebte. Das ist schon lange her, 1750 Jahre! Damals herrschte der römische Kaiser fast in ganz Europa. Catania war eine reiche Hafenstadt mit großen marmor-geschmückten Häusern und Tempeln. Tausende von Menschen strömten an Feiertagen in das Theater zu langen Theaterstücken, den Dramen und Tragödien. Noch mehr Leute liebten aber das Amphitheater. Die Gladiatoren kämpften dort gegeneinander und mit wilden Tieren. Die adligen und reichen Familien saßen an besonderen Plätzen, auch Agathas Familie. Sie war eine alte und sehr angesehene Adelsfamilie. Die größte Bewunderung in der Familie zog aber Agatha auf sich.
Sie war nämlich nicht nur sehr schön, sondern auch sehr klug. Sie konnte lesen und schreiben, kannte sich in vielen Dingen aus. Deshalb ließ sie sich auch nicht einschüchtern. Sie war auch gut zu den Menschen, besonders zu den armen Menschen, um die man sich damals nicht kümmerte. Manche sagten über Agatha: Die ist genauso wie sie heißt. Agatha ist nämlich ein griechisches Wort und heißt übersetzt „die Gute“.
Etwas wussten die Leute aber nicht: Agatha war Christin. Zu jener Zeit wurden Christen vom Kaiser verfolgt. Das hatte folgenden Grund: Der Kaiser hatte nämlich allen in seinem Reich befohlen, vor einer Figur, die ihn darstellte sich zu verneigen und ihn wie einen Gott zu verehren.
„So“, dachte sich der Kaiser, "weiss ich genau, wer ein treuer Untertan ist.“ Viele Christen taten das aber nicht. Sie sagten: Der Kaiser ist zwar sehr mächtig, aber er ist ein Mensch und kein Gott. Nur Gott ist Gott und Jesus ist sein Sohn. Vor Gott und Jesus verneigen wir uns, und vor niemandem sonst. Das machte den Kaiser wütend, und er befahl, die Christen zu verfolgen.
Deshalb trafen sich die Christen an geheimen Orten und sagten niemandem, dass sie an Jesus glaubten.
Auch von Agatha wusste niemand, dass sie heimlich Christin war, bis zu jenem Tag, als der Statthalter Quintianus, so etwas wie der Bürgermeister von Catania, aus dem Fenster seines Palastes schaute, Agatha sah und sie sehr schön fand. Er bat sie, ihn zu besuchen. Als er sie streicheln wollte, ging Agatha einfach aus dem Raum. Quintianus war darüber so wütend, dass er sich rächen wollte. „Wie kann eine Frau es wagen, dem Statthalter von Catania etwas zu verweigern“, dachte er sich.
Irgendjemand erzählte dann Quintianus, dass Agatha eine Christin sei. „Sie liebt Gott so sehr“, sagte der, “dass sie keinen Mann heiratet.“ Quintianus sah jetzt die Stunde seiner Rache gekommen. Er ließ sie zu sich kommen und sagte: „Du bist also eine Christin. Du weißt, dass das verboten ist - vom Kaiser selbst. Aber ich mag dich: Ich gebe dir eine Chance: Hier ist eine Figur des Kaisers und dort ist ein Götterbild. Mach einfach eine Verneigung. Das ist doch eine Kleinigkeit. Dein Gott ist sicherlich großzügig und wird dir das verzeihen.“ Agatha sah dem Statthalter in die Augen. „Glaubst du wirklich, dass ich vor deinen Augen meinem Glauben untreu werde.“ Der Statthalter lächelte und sagte: „Du wirst schon vernünftig werden.“ Agatha verließ ihn. In der Nacht betete sie um Kraft.
Am nächsten Tag ließ der Statthalter sie wieder kommen.
Diesmal hatte er sich etwas Neues überlegt. „Und, liebe Agatha, bist du vernünftig geworden?“ Agatha aber weigerte sich, das Kaiserbild zu verehren. „Dann“, sagte Quintianus, „muss ich dich leider foltern lassen. Das tut sehr weh und ist doch eine Schande für eine Frau deines Standes und deiner Schönheit.“ „Jesus Christus ist stärker als deine Drohung“, antwortete Agatha. „Sprich diesen verfluchten Namen nicht aus. Wir werden sehen, wie stark dein Jesus ist.“ Er rief Soldaten und ließ Agatha ins Gefängnis bringen.
Auch am nächsten Tag wich sie nicht von ihrem Glauben ab.
Da ließ Quintianus sie grausam foltern. „Schneidet ihr die Brüste ab“, rief er. Agatha antwortete: „Wie kann ein Mensch nur so gewissenlos sein, so etwas einer Frau anzutun.“
Die Soldaten taten aber, was der Statthalter befahl. In der Legende der heiligen Agatha heißt es, dass in der folgenden Nacht der Apostel Petrus als alter Mann im Gefängnis der Agatha erschien und sie heilte.
Am nächsten Tag ließ der Statthalter Agatha dann vor allen Leuten hinrichten. Da soll ein starkes Erdbeben Catania erschüttert haben. Die Leute ahnten da, dass hier ein großes Unrecht geschah.
Die Familie und die Gemeinde der Christen in Catania holten den Leichnam Agathas und begruben ihn feierlich.
Wenig später ertrank der Statthalter Quintianus in einem Fluss.
Ein Jahr nach dem Tod der heiligen Agatha brach wieder einmal der Ätna aus. Er spuckte Feuer und Rauch. Die Lava strömte auf Catania zu und bedrohte die Stadt.
Ein paar Leute, die den Tod der Heiligen Agatha und das Erdbeben damals erlebt hatten, gingen darauf zum Grab Agathas. Darauf lag der Schleier, den sie immer getragen hatte. Den nahmen sie und trugen ihn zum Ätna, dem Lavastrom entgegen. Da blieb das Feuer stehen und rückte nicht weiter vor. Es wurde der Festtag der Heiligen Agatha, heißt es in der Legende.
Wir wissen nicht genau, wie alles wirklich war. Aber wir wissen vom starken Glauben und vom Mut dieser Frau.
Menschen wie sie sind nahe bei Gott. Sie sind stärker als alles Böse.